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Rezensionen

Hier finden Sie ausgewählte Buchrezensionen unseres Bibliothekteams.

Marie Jalowicz Simon: Untergetaucht

Eine Frau mit dem Buch Untergetaucht
Foto: Weltladen Marburg

Hrsg.: S. Fischer
Erscheinungsjahr: 2014

Eine junge Frau überlebt in Berlin 1940 – 1945

Mit 18 Jahren wurde Marie Jalowicz Simon im Frühjahr 1940 zur Zwangsarbeit bei Siemens verpflichtet.
Als sie im Frühjahr 1942 von der Gestapo vorgeladen wurde, ignorierte sie es. Sie tauchte in Berlin unter. Dabei musste sie immer wieder zu anderen Menschen ziehen, die, obwohl sie sie versteckten, nicht immer freundlich zu ihr waren.
Sie hatte die Möglichkeit nach Budapest zu fliehen. Dort wurde sie denunziert und von den Behörden nach Deutschland zurückgeschickt.

Sie überlebte das Dritte Reich und promovierte in der „DDR“ zum Thema Philosophie der Antike.
Gemeinsam mit ihrem Mann Heinrich Simon waren sie prominente Wissenschaftler.
Kurz vor ihrem Tod in den 1990er Jahren interviewte sie ihr Sohn Hermann Simon zu ihrem Leben in der Nazizeit. Aus 77 Tonbändern entstand dieses Buch.

Ich finde es eine eindrückliche Biografie, die das große Leiden verfolgter Menschen im Dritten Reich verdeutlicht.
Besonders bewegt hat mich das Kapitel mit ihrer Flucht nach Budapest und wie sie von dort wieder zurückgeschickt wurde.
Wie Marie Jalowicz Simon überlebten auch andere verfolgte Menschen das Naziregime in Berlin, z. B. die am 9. Mai 2025 verstorbene Margot Friedländer (geb. 5. Nov. 1921). Sie konnte zeitweise in Berlin untertauchen, wurde aber im Frühjahr 1944 an die Gestapo verraten und nach Theresienstadt deportiert.
Dem durch die Fernsehshow „Dalli Dalli“ bekannt gewordenen Hans Rosenthal (2. Apr. 1925 – 10. Feb. 1987) gelang es ebenfalls, in Berlin in der „Laubenpieperkolonie Dreieinigkeit“ mit der Hilfe von Ida Jauch, Maria Schönbeck und Emma Harndt zu überleben.

Gabriele Günther, Bibliotheksgruppe

DAS GUTE LEBEN FÜR ALLE!
Wege in die solidarische Lebensweise

Eine Frau liest in Das Gute Leben für alle
Foto: Weltladen Marburg

Hrsg.: I.L.A. Kollektiv
Erscheinungsjahr: 2019

Hauruck zieht der Paul, und hauruck zieht der Franz…

Mit der „Rübe“ hat Frederick Vahle in der 80er Jahren ein hinreißendes Lied komponiert, das eine ganze Generation von Kindern geprägt hat: wenn man etwas gemeinsam anpackt, wird die allerdickste Rübe aus der Erde geschafft. Mit ähnlichem Ethos arbeitet das I.L.A. Kollektiv in Göttingen: vorwiegend junge Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen suchen Transformationsstrategien für einen sozialen wie auch ökologischen Wandel, um das gute Leben für alle zu garantieren. 2017 lag mit der Publikation „Auf Kosten anderer“ der Fokus noch eher beim Warnen: wie zerstören wir im globalen Norden mit unserer hyperkonsumistischen Lebensweise sowohl unsere eigene Zukunft als auch derzeit schon das Leben anderer. Das Ergebnis der Zukunftswerkstatt von 2019 ging dann einen Schritt weiter: Wege in die solidarische Lebensweise suchen, finden und beschreiten. Mut machen. Das gute Leben für alle Menschen ist keine Utopie. Es fußt auf Prinzipien wie Demokratisierung, Commoning (Güter und Dienstleistungen gemeinschaftlich schaffen, nutzen und pflegen), ReProduktion (Leben erhalten, entfalten und Beziehungen pflegen), Dependenz (Mensch und Natur als untrennbar verbunden betrachten) und Suffizienz: Die Philosophie des „genug“ priorisieren statt immer mehr für wenige. Zugegeben, das widerspricht kapitalistischen Prinzipien. Das I.L.A. Kollekiv gibt sich in der Tat nicht mehr damit zufrieden, nur das verändern zu wollen, was gerade möglich erscheint. Es setzt sich z.B. ein für ein bedingungsloses Grundeinkommen, den genossenschaftlichen Wohnungsbau, demokratische Kontrolle über den Einsatz dezentraler, erneuerbarer Energien, die Vergemeinschaftung von Infrastrukturen wie z.B. der Wasserversorgung oder auch nachhaltige Produktionsmethoden wie die Permakultur.

Und wer soll das organisieren? Die UNO? Auch dazu gibt es Ideen.

Neugierig geworden: dann einfach mal reinschauen. Das Buch, reich illustriert und mit umfassendem Literaturverzeichnis, tut in dieser immer komplexer werdenden Welt einfach gut, stärkt die eigene Resilienz und macht Hoffnung. DAS GUTE LEBEN FÜR ALLE mit einem Vorwort von Ulrich Brand, Maja Göpel. Barbara Muraca, Tilman Santarius und Markus Wissen.

Angelika Becker, Bibliotheksgruppe